Dienstag, 30. März 2010

11 kleine Hinweise

1. Alles Nützt Neuen Einsichten.
2. Verdrängte Erkenntnisse Richten Inneres Chaos An.
3. Jeder Einzelne Lebensabschnitt Ermöglicht Neue Anfänge.
4. Charmant Auf Tendenziell Häßliches Reagieren Ist Nobel.
5. Eine Liebe Kann Enden.
6. Mancher Irrweg Regt Auch Neues Denken An.
7. Bisweilen Aber Reicht Banales Aus Richtiges Abzuwerten.
8. Kaum Etwas Rechtfertigt Spontanen Trotz In Nichtigkeiten.
9. Regelrechte Eifersucht Grundlos Inszenieren Nervt Auch.
10. Vieles Im Charismatischen Taumel Opernhaften Rausches Ist Anregend.
11. Alte Nähe Jedoch Adelt.

Freitag, 26. März 2010

Ich

Heute ist so ein Tag, an dem ich mich frage, wer ich bin. Nein, das trifft es nicht ganz. Vielleicht sollte ich sagen: wer Ich ist.

Ich weiß nicht, warum diese Frage gerade heute so präsent ist. Ich habe viel zu tun, schaue nach vorn, versuche, Termine einzuhalten und bin mit der Gegenwart beschäftigt, vielleicht sogar ein bißchen mit der Zukunft (Zukunft? Hab' ich das gerade gesagt?!). Und doch drängt sich die Frage heute in mein Bewußtsein. Vielleicht eines Traums wegen, den ich in der vergangenen Nacht hatte. Und die Frage bringt Vergangenheit mit. Reichlich davon.

Denn wenn ich mich frage, wer Ich ist, dann bedeutet das nicht, daß ich mein gegenwärtiges Ich zu verstehen oder zu definieren versuche. Ganz und gar nicht. Mein gegenwärtiges Ich ist das Ergebnis eines langen und sehr schmerzhaften Bewußtwerdungs- und Selbstfindungsprozesses mit vielen Irrwegen, Unsicherheiten, Schwankungen und jeder Menge Verletzungen - eigener, aber auch solcher, die andere durch mich erlitten haben. Am Ende eines langen Weges bin ich wieder ganz bei mir, ganz neu, und doch der, der ich eigentlich schon immer war. Ich kenne mich, ich bin ruhig und klar, und ich kann mich und sogar das Leben wieder mögen.

Die Frage, wer Ich ist, ist also nicht dazu gedacht, eine aktuelle Identitätskrise zu beleuchten. Vielmehr stellt sie sich mir im Sinne von: Was macht das Ich aus? Ich wüßte also gern, ob das Ich sich über die Summe all dessen definiert, was es einmal war, oder ob es doch immer nur das gegenwärtige Ich ist, das den Menschen und seine menschliche Qualität ausmacht. Anders gefragt: Sind Verfehlungen und Irrtümer, die ich erkannt, bereut und aus denen ich meine Lehren gezogen und Verhaltensänderungen abgeleitet habe, immer noch konstituierend für meine jetzige Persönlichkeit und ihre moralische Bewertung? Über ihren reinen Erfahrungscharakter hinaus, meine ich? Denn daß ich ohne diese Verfehlungen und ihre Korrektur nicht wäre, was ich heute bin, ist mir natürlich klar.

Im Grunde geht es mir darum, zu fragen, ob man sich effektiv rehabilitieren kann. Ob ich Menschen, die ich auf meinem Weg verloren, denen ich Unrecht getan habe, und die es seither ablehnen, mit mir irgendeine Art von Austausch zu pflegen, weil sie mich als häßliches Zerrbild meiner selbst erlebt und nun in Erinnerung haben, irgendwann tatsächlich doch noch als "guter" oder zumindest besserer, klarerer und ehrlicherer Mensch begegnen kann, oder ob der Makel der Verirrung für alle Zeit an mir haften wird.

Ach, was rede ich. Im Grunde geht es mir darum zu sagen: Ich war nicht bei mir, ich war nicht ich, und es tut mir leid.

Donnerstag, 25. März 2010

Burggartengruß

Eine Sonne über Wien.
Warmer Wind rauscht in den Bäumen.
Stunden, die vorüberzieh'n,
Lassen leicht und frei mich träumen.
Welch ein Tag, an Dich zu denken,
Und Dir ein Gedicht zu schenken.

Freitag, 19. März 2010

Kleines Glück

In einem wundersamen Garten fand ich einen Glücksbringer. Er lächelte mich an, faselte etwas von Energien, das ich nicht verstand, und versprach, mir von nun an Glück zu bringen, wenn ich es am meisten brauche.

Na gut, dachte ich mir und nahm den Glücksbringer in mein Leben auf. Und mit nach Hause.

Und siehe da - er funktioniert!

Zumindest konnte mir der Pechbringer, in dessen kargem Garten ich gestern unterwegs war, nichts anhaben.

Kein Pech zu haben, ist schließlich auch schon eine Form von Glück.

Mittwoch, 17. März 2010

Frühling

Ach! Sieh mal an, wer da zurückgekrochen kommt! Der liebe Frühling!

Tatsächlich, Du bist es. Ein paar Sonnenstrahlen bahnen sich zaghaft den Weg durch die Wolken auf die Erde, und die Temperaturen steigen langsam an... Wäre das nicht eigentlich schon viel früher fällig gewesen?!

Ich muß schon sagen, Du traust Dich was. Glaubst Du wirklich, Du könntest so einfach zurückkommen? Ganz sang- und klanglos wieder Deinen alten Platz einnehmen? Nachdem Du uns viel zu lange den eisigen Klauen des Winters überlassen hast?! Ist Dir klar, wie ich gefroren habe? Wie traurig ich an Dich gedacht, wie sehnsüchtig ich auf ein Zeichen Deiner Wiederkehr gewartet habe? Und jetzt, da ich Dich nicht mehr brauche, da ich den Winter in mein Herz habe einziehen lassen - jetzt schleichst Du Dich zurück!

Was mache ich nun mit Dir?

Ach, was soll's...? Du kennst mich. Du weißt genau, daß ich sentimental bin und nicht mit Dir brechen kann. Du weißt, daß ich Dich liebe. Und daß ich mich im tiefsten Grunde meines vereisten Herzens kindisch über Deine Rückkehr freue.

Bleib also. Und bleib auch wirklich. Laß Dein buntes Band durch meine Seele flattern und tu mir nicht mehr weh. Vergessen wir den Winter. Wie Du Dich ab jetzt verhältst, sehe ich Mir an da...

Dienstag, 9. März 2010

Jahrestage

Drei Jahre bin ich nun in Wien. Drei Jahre, in denen sich mein Leben komplett gedreht, zerlegt und neu erfunden hat.

Ich habe viel verloren, viel verspielt. Ich war mir selbst abhanden gekommen; verwirrt und haltlos taumelte ich durch tiefste Täler... und fand am Ende - mich. Und erstmals seit drei Jahren schaue ich an diesem Jahrestag nach vorn statt zurück, nach draußen statt in mich hinein.

Mein Weg war nicht einfach, schon gar nicht für die Menschen, die mir nahe waren. Ich habe ihnen Unrecht getan und sie verletzt. Heute, am Ende einer unvermeidlichen Entwicklungsphase, da ich wieder bei mir angekommen bin, habe ich Anlaß, mich dafür zu entschuldigen, was ich ihnen zugemutet habe, und vor allem: ihnen dankbar zu sein.

Anja dafür, daß sie mich nicht fallen ließ und sogar darin bestärkte, meinen Weg zu gehen, obschon es sie ihren Lebensplan gekostet hat. So geht offenbar Liebe.

Kerstin dafür, daß sie mir mit einem einzigen Wort zeigte, was mir fehlte.

Cathrin dafür, daß sie mir die erste wirksame Standpauke meines Lebens gehalten und mir damit ein paar unangenehme Wahrheiten über mich selbst klargemacht hat.

Jelena dafür, daß ich in ihre unendlich kluge, tiefe, warme Seele blicken und erkennen durfte, wie viel schwerer als ich man es haben und dennoch das Leben mit Anstand meistern kann.

Anne dafür, daß sie mich wärmte, als Wien kalt und feindlich war, und mir zeigte, was Vertrauen bedeutet, auch wenn ich genau das bei ihr enttäuscht habe.

Barbara dafür, daß sie die letzte, die schwerste Phase meines Umbruchs geduldig ertrug, mir Trost und Zuversicht gab und mich lehrte, wieder positiv zu denken und nach vorne zu sehen.

Ich lese zuweilen in meinen Tagebüchern, wenn sich Ereignisse jähren. Der Mensch, der am 5. März 2007 nach Wien kam, ist mir fremd geworden. Fast habe ich ein bißchen Mitleid mit ihm, wenn ich lese, was er schreibt. Aber ich schäme mich seiner auch. Jedenfalls ist er nicht mehr ich.

Heute ist heute. Ich komme an, wohin ich vor drei Jahren aufbrach. Bei mir.

Freitag, 5. März 2010

Sonderwünsche

Ich gebe es zu. Ich liebe Sonderbehandlung! Ich bin ganz verrückt danach, Dinge zu bekommen, die niemand anders bekommt, Regeln zu umgehen, die für alle anderen unverbrüchlich gelten, und Rechte zu haben, die nur mir zustehen! Ich mag es, hofiert und an Warteschlangen vorbeigelotst zu werden, den Parkplatz vor der Tür und ein zweites kostenloses Begrüßungsgetränk zu bekommen.

Leider kommt all das nicht allzu häufig vor. Mein Ruhm und mein Reichtum genügen nicht dafür, gewohnheitsmäßig eine derartige Behandlung zu erfahren. Vermutlich deshalb, weil sie schlechterdings nicht vorhanden sind.

Einen Ort gibt es jedoch auf der Welt, wo man mir ganz genau so begegnet, wie ich es mag - mein Kaffeehaus, das berühmte Café Central im 1. Wiener Gemeindebezirk.

Gewiß, es ist eine Touristenfalle, in der schmerbäuchige Piefke in kurzen Hosen ihre Torte mampfen und glauben, nun kennten sie das alte Wien. Die traditionelle Wiener Kaffeehauskultur liegt hier bestenfalls als vage Erinnerung in der Luft. Aber ich liebe es, seit ich mich in einer sehr schweren Phase meines Lebens tieftraurig in die warm erleuchtete Säulenhalle verirrt habe und mich das erste Mal an jenem Tisch niederließ, den man mir bis heute täglich freihält.

Nach und nach haben sich ein paar Sonderrechte eingeschlichen. So erhalte ich zum Beispiel - wie einst Peter Altenberg - meine Post ins Kaffeehaus. Außerdem hat man mir, nachdem ich herumgenörgelt habe, ich könne mit meinem Rechner immer höchstens drei Stunden arbeiten, an meinem Platz eine Steckdose installiert, und das, obwohl es einem auf Durchlauftourismus ausgerichteten Kaffeehaus wirtschaftlich gesehen natürlich nicht unbedingt recht sein kann, daß einer der besten Tische stundenlang blockiert ist.

Das wunderbarste Privileg jedoch wurde mir gestern zuteil, und hatte ich auch in den letzten Monaten nicht mehr ganz so viel Zeit, im Kaffeehaus zu sitzen wie zuvor, so bin ich seit gestern wild entschlossen, diesem grandiosen Ort wieder mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Und zwar ist es so: Bis vor ein paar Wochen gab es im Café Central ein großartiges Club Sandwich, vermutlich das beste der Stadt. Dieses Sandwich war eine tragende Säule meines Ernährungskonzeptes, ein unverzichtbares Grundnahrungsmittel und zudem ein Genuß, ohne den auskommen zu müssen meine Lebensqualität in beklagenswertem Maße gesenkt hätte. Vor ein paar Wochen wurde ein neuer Küchenchef eingestellt, der - sei es aus Traditionsbewußtsein, sei es aus Geltungssucht - die Karte völlig umstellte und mein geliebtes Club Sandwich gleich ganz davon strich.

Ein Schock.

Sinnloses Umherirren auf der Suche nach einem vergleichbaren Club Sandwich folgte, aber nichts, nichts vermochte mich auch nur ansatzweise zu befriedigen. Also klagte ich Herrn Flammer, dem Geschäftsführer des Café Central, dessen aufopferndes Bemühen um seine Gäste nicht hoch genug gelobt werden kann, mein bitteres Leid und fragte in der mir eigenen Demut und Bescheidenheit an, ob es nicht zuweilen möglich sei, mir mein Sandwich zuzubereiten, auch wenn die Karte es nicht mehr als allgemein erhältlich ausweise. Er versprach, mit dem Küchenchef zu sprechen und ließ erkennen, daß es kein großes Problem sein dürfte.

Gestern probierte ich dieses neue Privileg erstmals aus. Zwar schüttelte Andreas, ein Ober, den ich ob seines zwischen gebotener Höflichkeit und beißendem Spott perfekt ausgewogenen Auftretens ganz besonders schätze, zunächst den Kopf, als ich nach meinem Sandwich fragte; auf mein kindisches Beharren hin, Herr Flammer habe es aber versprochen!, ging er jedoch in die Küche und regelte alles. Es kam sogar der Oberkellner zu mir und bestätigte nochmals, daß es selbstverständlich kein Problem sei und das Sandwich gleich komme, und so war es denn auch.

Was soll ich sagen? Ich habe seit Wochen nichts Köstlicheres gegessen. Nicht nur, weil Eier, Schinken, Salat, Tomaten und Toast frisch, geschmackvoll und perfekt angerichtet waren, sondern insbesondere, weil der würzig-süße Geschmack der Bevorzugung, des Sonderrechts und der einzigartigen Behandlung das Sandwich durchzog und über alle für jedermann erhältlichen Speisen erhob.

Ich habe mich den ganzen restlichen Tag lang heiter und wohl gefühlt, und das, obwohl ein gewaltiger Berg Arbeit mit strengen Terminvorgaben auf meinem Tisch wartete und ich zudem ein wenig kränkelte.

Danke, mein Kaffeehaus.

Donnerstag, 4. März 2010

Keine Meinung

Drei Tage, nachdem ich dieses Blog eingerichtet habe, halte ich es immer noch für eine gute Idee, und auch wenn ich an diese Form der Mitteilung noch nicht recht gewöhnt und bislang also in Ausdruck und Inhalt eher zurückhaltend bin, macht es mir gleichwohl Spaß, und ich freue mich jeden Tag darauf, wieder etwas zu schreiben.

Das Schöne am Bloggen ist unter anderem das Gefühl, zur ganzen Welt sprechen zu können - eine Vermessenheit ganz ohne Zweifel, aber eben doch sehr motivierend. Also wünscht man sich, daß von dieser großen weiten Welt wenigstens ein winzig kleiner Teil Kenntnis davon nimmt, was man zu sagen hat, und damit das so ist, weist man Freunde und Bekannte zartfühlend auf sein Geschreibsel hin und beginnt, Leser zu sammeln.

Natürlich ist nicht zu vermeiden, daß sich diese fleißig gesammelten Leser hin und wieder zum Gelesenen äußern. In den meisten Fällen ist das sogar ganz schön. Aber eine Rückmeldung hat mich denn doch ein wenig irritiert. Es sei, so schrieb mir eine liebe Freundin, ganz nett, aber eben keine Meinung. Sie wolle also mal weiterlesen und abwarten, was noch komme.

Hm.

Meinung?

Ist es denn Sinn und Zweck, ja vielleicht sogar Legitimationsgrundlage eines Blogs, Meinungen kundzutun? Was aber, wenn ich gar keine Meinungen habe? Wenn ich mich frank und frei dazu bekenne, in zahlreichen Fragen des Lebens schlechterdings meinungslos zu sein? Darf ich dann nicht mehr bloggen?

Die Sache ist die: Früher, als ich noch jung war, jünger als jetzt zumindest, da hatte ich zu allem eine Meinung und tat kaum etwas lieber, als diese Meinung zu äußern und gegen (echte oder vermeintliche) Widerstände mit leidenschaftlicher Argumentation zu verteidigen. Ja, mehr als das, ich versuchte sogar, andere von der Richtigkeit meiner Meinung zu ÜBERZEUGEN! Je älter ich jedoch wurde, desto klarer wurde mir, daß kaum jemand überzeugt werden WILL. Jeder hat bereits eine Meinung, und diese ist so sehr von seinen persönlichen Prägungen, Erfahrungen und Denkmustern bestimmt, daß es so gut wie unmöglich erscheint, sie zu objektivieren und also argumentativ übertragbar zu machen. Und wozu auch?

Und also beschloß ich, über Meinungen und Ansichten zu bestimmten Themen nicht mehr zu diskutieren, insbesondere nicht über Religion, Politik, Wirtschaft und Kultur. Es wird einem ja doch nur übel genommen, besonders, wenn man tatsächlich die besseren Argumente hat. Heute ist es mir von Herzen egal, ob jemand an päpstliche Dogmen glaubt, die neueste Ausstellung in der Albertina für mißlungen hält oder meint, Habsburg müsse Bundespräsident werden. Er mag nach seiner Facon selig werden. Ich höre mir seine Meinung sogar gern an, denn Meinungen interessieren mich gar nicht mal so selten. Aber es gibt so viele davon, daß ich meine eigene nicht auch noch äußern muß.

Falls ich eine habe. Eine Meinung. Gute Güte, muß man denn zu allem eine Meinung haben? Zu vielen Fragen, das gebe ich offen zu, wage ich es kaum, eine Meinung zu entwickeln, teils, weil mich die Sache an sich nicht interessiert, teils aber auch, weil es mir an jener Sachkenntnis mangelt, die eine fundierte Meinungsbildung eigentlich erfordert. Alle Welt meint, sich mit Halbwissen und dreister Anmaßung Meinungen über Gegenstände bilden zu müssen, die sie nicht mal im Ansatz begreifen... ich finde das ermüdend. Dinge zu beurteilen und einzuordnen liegt wohl (Gott sei's geklagt) in unserer Natur. Aber ein Gefühl, ein intuitives Zustimmen oder Ablehnen ist noch keine echte Meinung. Also äußere ich mich nicht, solange ich nicht wirklich behaupten kann, eine ausgereifte Meinung entwickelt zu haben. Und wenn es so weit ist, äußere ich mich erstrecht nicht mehr.

Dieses Blog soll erzählen. Es soll Eindrücke und Erlebnisse wiedergeben und mir ein Ventil sein für das, was mich beschäftigt (sofern es für die (mein Blog ohne Zweifel sehr aufmerksam verfolgende) Weltöffentlichkeit geeignet und nicht zu persönlich ist). Meinungen hingegen soll es nicht hinausschleudern, oder doch eher ausnahmsweise. Und so bleibt mir nur zu hoffen, daß all dies meinen Lesern reicht, daß es sie unterhält und vielleicht ein wenig inspiriert. Dann wäre ich zufrieden.

P.S.: Damit wir uns nicht falsch verstehen - natürlich komme ich nicht umhin, zu den vier Kernthemen, über die ich nicht diskutieren mag, eigene Meinungen zu hegen! Ich bin weder unpolitisch noch ignorant. Ich spreche nur nicht gern darüber, solange sich die Vielfalt der Ansichten in einem wünschenswerten demokratischen Rahmen entfaltet. Begegne ich jedoch radikalen Ansichten, die die von mir geübte Toleranz und Liberalität untergraben, die ungerecht, gefährlich oder amoralisch sind in dem Sinne, daß sie anderen etwas aufzwingen, was sie nicht wollen, sie verletzen oder ihnen schaden, kurz: daß sie die Freiheit anderer unzulässig beeinträchtigen, dann habe ich sehr wohl eine Meinung und werde sie auch äußern!!

Mittwoch, 3. März 2010

Gin und Djin

Da sitze ich und mache mir Gedanken darüber, warum ein Flaschengeist es vorzieht, in einer Pralinenschachtel zu leben.

Wunder der Werbung.

Ich bin müde und fiebere leicht, trinke Gin & Tonic... und mir fällt etwas ein. Das ist das Erstaunliche - ich kann es tatsächlich begründen!

Ich liebe meinen Job.

Gute Nacht.

Montag, 1. März 2010

Segnungen zählen

Wohin ich vor drei Jahren aufbrach, da bin ich heute angekommen. Bei mir.

Zum ersten Mal seit drei Jahren vermag ich, dankbar zu erkennen, was ich habe, anstatt mit all dem zu hadern, was ich nicht habe. Ständig geschehen kleine, wunderbare Dinge.

Heute etwa erwachte ich bei Sonnenschein. Ich war einigermaßen ausgeschlafen und warf mich in meinen Lieblingsanzug. Im Stiegenhaus roch es nach Kuchen. Dann hatte ich eine wunderbar kreative Projektbesprechung in einer Wiener Agentur. Unterwegs traf ich einen alten Schwarm und habe nichts dabei empfunden. Anschließend hatte ich eine sehr lustige Besprechung bei einem anderen Kunden. Dort habe ich mit der hinreißenden Rezeptionistin geflirtet, ging hernach seit längerer Zeit mal wieder in mein Kaffeehaus und bin nun imstande, 10 positive Dinge aus meinem Tag aufzuzählen.

Das ist doch toll, oder? Das hübsche englische Idiom "seine Segnungen zählen" hat leider keine ganz treffende Entsprechung im Deutschen. Aber es ist genau, was ich heute ich tue. Es verändert nicht die Situation - natürlich hat man Sorgen, Nöte und Schmerzen... Aber die Perspektive ist eine andere.

Etwas Neues

Ein Blog. Ich habe mir tatsächlich ein Blog-Profil eingerichtet. Der Himmel weiß, was ich damit eigentlich will; der Himmel weiß, warum ich mich einem Phänomen anschließe, vor dem mir eigentlich graut. Nicht so sehr der Tatsache wegen, daß heutzutage alle Welt die Möglichkeit hat, sich hemmungslos einer anonymen Öffentlichkeit mitzuteilen - das vergrößert die Vielfalt und ist sicher eine grandiose demokratische Errungenschaft! Aber die Massenhaftigkeit an sich, in der in schlechtem Deutsch oder noch schlechterem Englisch Belanglosigkeiten mit dem Anspruch, unbedingt mitteilenswert zu sein, verbreitet werden, berührt mich irgendwie unangenehm, vielleicht nur deshalb, weil es der Wust an vernachlässigbaren bis schlechten Verbalergüssen zunehmend schwierig macht, wirklich gute und inspirierende Beiträge zu finden, und ich mich einfach nicht gern durch eine Müllhalde kämpfe, um vielleicht irgendwann mal einen kleinen Schatz zu finden...

Überhaupt, Massenhaftigkeit... Gestern war ich in einer leichtlebigen Stimmung, emotional wie typologisch an ein idealisiertes Bild der späten 20er Jahre à la Bertie Wooster angelehnt, und so zog ich mir also einen karierten Tweed-Anzug an, versah ihn mit ein paar affigen Accessoires wie Halstuch, Blume im Knopfloch und Schnefterstock, gab mir die Attitüde eines müßiggängerischen Lebemanns und spazierte durch das sonnige Wien.

Auf dem Weg in die Stadt kreuzte plötzlich ein Demonstrationszug meinen Weg, angekündigt durch zahlreiche Polizeiautos und Beamte, die den Verkehr umleiteten, um den zwei-, dreihundert Demonstranten die lautstarke Verkündung ihres Unmuts zu ermöglichen. In diesem Fall ging es um die Abschaffung der §§ 278 f. des österreichischen Strafgesetzbuches, die die Bildung krimineller Vereinigungen und Organisationen unter Strafe stellen, ähnlich wie es bei uns in Deutschland der § 129 StGB tut. Menschen, die sich engagieren, interessieren mich, und so ging ich auf den Zug zu und lief entgegen seiner Laufrichtung an der Seite entlang, um mir die Gesichter der Leute anzusehen, die da so heftig riefen und pfiffen.

Die Flugblattverteiler ignorierten mich vollständig, obwohl ich dicht am Zug entlanglief, bis ich einem unter ihren verfilzten Haaren recht hübschen Mädchen so demonstrativ die Hand hinhielt, daß ich endlich ein Pamphlet bekam. Das Flugblatt belehrte mich darüber, daß "der Staat" unter Berufung auf den besagten § 278 zahlreiche Willkürakte in der Tierrechtsszene verübt habe. Bevor ich mich fragen konnte, warum Tiere nun auch schon eine rechte Szene haben, wurde erklärt, daß es sich bei den Opfern staatlicher Repression um Tierschutzaktivisten gehandelt habe, die grundlos in Untersuchungshaft genommen und massiv in ihrer Privatsphäre verletzt worden seien. Ich selbst kann all das mangels ausreichender Kenntnisse weder widerlegen noch bestätigen, und es versteht sich selbst, daß, sollte sich ein Rechtsstaat solche unangemessenen Vorgehensweisen erlauben, Widerstand geboten ist! Ebenso selbstverständlich erscheint mir jedoch, daß eine Gesellschaft sich vor kriminellen Organisationen schützen muß, und daß dieser Schutz eben auch einer strafrechtlichen Verankerung bedarf. Die Möglichkeit, eine gesetzliche Norm zu mißbrauchen, rechtfertigt noch nicht ihre Abschaffung. Sonst müßten auch das Asylrecht, die Sozialhilfe und die Post abgeschafft werden.

Aber ich schweife ab! Wie kam ich jetzt überhaupt auf all das? Ach ja, Massenhaftigkeit... Ich lief also in der oben beschriebenen Aufmachung an den Demonstranten vorbei, sah so vielen wie möglich offen ins Gesicht und erntete Blicke, die von amüsiertem Staunen über bösartigen Spott bis hin zu unverhohlener, klassenfeindlicher Verachtung alles umfaßten. All diese Leute waren in Schwarz gekleidet, alle trugen schwarze Jeans und schwarze Jacken... eine einzige schwarze Masse, die da die Museumsstraße hinuntergerollt kam. Das Lustige ist eben nur, daß viele von ihnen gewiß in MIR den Konformisten zu erblicken glaubten...

So ist es eben mit der Massenhaftigkeit. Niemand hält sich wirklich für ein Massenprodukt... Drum gibt es auch so viele Blogs. Und nun auch meinen.