Dienstag, 13. Juli 2010

liebesleben.app

Mit dem Liebesleben ist es wie mit dem iPad. Alle scheinen darüber zu reden, viele haben es, und wenn ich hier und da mal eines sehe, greift spontan der "Haben wollen"-Reflex - um sogleich von der kühlen Überlegung abgelöst zu werden, ob ich dergleichen im Moment wirklich brauchen kann, und ob der praktische Nutzen eines solchen Besitzes tatsächlich den phantastischen Vorstellungen entspricht, die man sich davon macht, solange man es nicht hat.

So ein Liebesleben hat ja durchaus seine Vorteile. Man kann es mit zahlreichen Applikationen versehen, trägt es immer bei sich und empfindet das Leben fürderhin als einfacher. Es gibt einem Halt und Orientierung, läßt sich leicht und spielerisch ebenso verwenden wie mit jenem tiefen Ernst, den man großen Aufgaben widmet, je nach Tagesstimmung halt, und wenn man den Drang verspürt, dem einen und einzigen Menschen eine liebe kleine Botschaft zu schicken, dann kann man das ohne weiteres tun.

Andererseits besteht die Gefahr, daß man sich allzu sehr auf das Liebesleben fixiert, daß man es, wenn nicht zum einzigen, so doch zumindest zum zentralen Gegenstand seines Lebens macht, hohe Erwartungen daran richtet, immer und überall, gleich was man gerade tut, darauf schielt und seine ganze Aufmerksamkeit darauf verwendet, kleinste Bewegungen, Veränderungen oder sonstige Signale zu registrieren. Über das Frustrationspotenzial, daß im Ausbleiben solcher Signale liegt, sei hier vorsichtshalber geschwiegen.

So hat denn das Liebesleben durchaus seine zwei Seiten. Wenn man denn unbedingt eines haben will, sollte man darauf achten, daß es sich um die neueste und stabilste Version handelt. Und wenn die nicht verfügbar ist, dann wartet man eben - und wird zuweilen staunen, wie gut es sich auch ohne leben läßt.

Wie dem auch sei - ich will ein iPad.