Vortrag im k47 auf Einladung des Improver Clubs
Sprache ist nicht nur der wichtigste Träger von Bewußtsein,
von kritischen Ideen und komplexen Gedanken, sondern auch ein
emotional hoch wirksames Instrument zur Vermittlung von Botschaften.
Die Bedeutung des Wortes für unternehmerisches Handeln wird oft
vernachlässigt; die schier unendlichen Möglichkeiten einer
konzeptionell eingesetzten Sprache bleiben ungenutzt. Dabei werden
gute Texte gerade in Zeiten von Facebook, Twitter und Google+ immer
wichtiger. Das Wort erlebt derzeit eine Renaissance, die kein
Unternehmen verpassen sollte.
„Nein, das machen wir selber. Wir wissen ja, was
wir sagen wollen, da müssen wir kein Geld für ausgeben!“ Das ist
eine Antwort, die man auf die Frage nach dem Bedarf an Textarbeit
immer wieder hört. Und schaut man sich die Ergebnisse dieses
Selbermachens dann an, möchte es einen nicht selten gruseln. Denn zu
wissen, was man sagen will, und es auch tatsächlich in einer
wirksamen Form zu sagen, sind durchaus zweierlei Paar Schuhe.
Es ist seltsam, daß sich so viele Unternehmen selbst und ohne Not
der Chance beheben, einen aufwendigen Außenauftritt mit
professionell gestalteten Texten zu perfektionieren. Für ein Logo
oder ein Website-Layout werden ohne Bedenken zehn- oder
zwanzigtausend Euro an Designagenturen gezahlt – dergleichen kann
man eben nicht selbst, und man will ja gut aussehen! Am Text jedoch,
der vielleicht für zusätzliche eintausend Euro zu haben wäre, wird
dann plötzlich gespart. Und der gesamte Auftritt verliert an Wert
und Wirkung.
So etwas ist nicht einfach nur bedauerlich. Daß sich ein
Unternehmen aus purer Ignoranz auf eine der effektivsten und in der
breiten Palette möglicher Agenturleistungen zugleich billigsten
Ausdrucksformen verzichtet, ist vielmehr überraschend. Denn eine
Kommunikationsstrategie, die meint, ohne eine professionell
gestaltete Sprache auskommen zu können, scheint doch mehr als
fragwürdig.
Eine präzise Kommunikation ohne Sprache ist undenkbar. Natürlich
lassen sich über ein gelungenes Design, ein geschicktes Layout oder
ein gut gewähltes Bild Botschaften vermitteln. Aber sie bleiben
assoziativ. Die Kunst der Bild- und Formensprache besteht darin, beim
Betrachter genau die Assoziation zu wecken, die man schon bei der
Gestaltung beabsichtigt hat. Und oft gelingt das auch. Ein
Landschaftsbild unberührter Natur in einer Werbeanzeige für ein
Bier weckt zum Beispiel eine ganze Fülle von Assoziationen –
Reinheit, Heimat, Ursprünglichkeit, Qualität und Umweltbewußtsein.
Worin aber zum Beispiel ein eventuelles, über das operative Geschäft
hinausgehendes Umweltengagement des Bierbrauers besteht, oder welche
Zutaten er tatsächlich verwendet, ist aus dem Bild nicht zu
erkennen. Hier bedarf es einer verbalen Präzisierung. Nicht in der
Anzeige selbst, aber vielleicht in begleitenden PR- oder
Werbekampagnen.
Nun ist nicht zu leugnen, daß ein Bild sehr viel unmittelbarer
wirkt als ein Text. Ein Bild sieht man, ob man will oder nicht. Man
erfasst es in Sekundenbruchteilen und gewinnt einen Eindruck, ohne
selbst etwas tun zu müssen. Einen Text hingegen muß man lesen. Und
damit er seine Wirkung entfalten kann, muß er vollständig gelesen
werden. Einen Betrachter dazu zu bringen, gelingt nur, wenn der Text
professionell und unter Anwendung verbal-kommunikativer Regeln
gestaltet ist. Genau das jedoch kann kein Vorzimmer leisten, auch
wenn die eifrige Sekretärin gewiß irgendetwas aufs Papier zu
bringen vermag. Informationsarchitektur, die Steuerung des
Leseflusses und die Platzierung von Schlüsselwörtern sind eine
kompositorische Kunst, die ebenso wie ein perfektes Graphikdesign
Erfahrung und Geschick braucht.
Wer immer noch skeptisch ist, führe sich vor Augen, daß die
Unternehmenskommunikation als solche, sei es in Marketing, Werbung
oder PR, sich derzeit stark verändert und auf neue Medien,
insbesondere auf soziale Netzwerke ausweitet. Hier, bei Facebook,
Twitter, Google+ oder Foursquare, ist Sprache tatsächlich das zentrale Instrument zur Vermittlung von Botschaften und bedarf daher ganz
besonders perfekter Gestaltung. Denn auch Worte können, über ihren
rational erfassbaren Gehalt hinaus emotionale Assoziationen wecken
und Reaktionen auslösen. Dieses Potenzial lässt sich mit
professionell gesetzten Worten erschließen und nutzen.
Eine weitere kurze Betrachtung verdient auch die nicht
eigenwerbliche, die interne Kommunikation. Der Umgang mit
Mitarbeitern, die Kommunikation unter Kollegen, all das hat einen
erheblichen Einfluß auf das Klima in einer Firma und auf die
Motivation aller dort Beschäftigten. Der Umgang mit Worten erfordert
nicht nur Geschick und Feingefühl, sondern auch ein gesteigertes
Verantwortungsbewusstsein, kann doch eine einzige Bemerkung in ebenso
hohem Grade motivieren und zu Bestleistungen anspornen, wie eine
andere, mit weniger Bedacht gewählte zu frustrieren und damit
Leistungspotenziale zu verschließen geeignet ist. Auch interne
Kommunikation lässt sich lernen; auch eine Wortwahl, die Mitarbeiter
und Kollegen erbaut und motiviert, statt sie in Trotz und Frustration
zu treiben, kann man sich mit professioneller Hilfe aneignen. Hierauf
wird in vielen Unternehmen noch weniger geachtet als auf die
Gestaltung verbaler Marketing- und Werbebotschaften. Der Bereich
ethischer Sprachgestaltung wird hier berührt, aber das ist
vermutlich ein Thema für einen eigenen Vortrag.
Wörter sind Bauteile für Sätze, für kommunizierbare Inhalte.
Feinfühlig und geschickt zusammengefügt werden sie zu Worten, zu
Trägern von Ideen, Bildern, Gefühlen und Gedanken, und damit zu
einem machtvollen Instrument der Vermittlung von Botschaften und der
Beeinflussung von Reaktionen. Die Anwendungsmöglichkeiten dieses
Instruments sind fast unbegrenzt, und damit auch sein
Erfolgspotenzial. Es empfehlen sich also stets:
Worte statt Wörter.
Donnerstag, 24. Januar 2013
Donnerstag, 17. Januar 2013
Wortlos
Wie gut, daß es Wörter gibt. Denn ich möchte so viel sagen! So sehr quillt und brodelt es in mir, daß ich übergehen will vor Lust, endlich in die Welt hinauszurufen, was mir so unendlich wahr und wichtig ist. Also beginne ich, meine Wörter zu setzen, sorgfältig und gewählt, so wie ich es immer tue.
Aber meine Wörter bleiben stumm. Wie dicke Raupen sitzen sie auf meinem Herzen, laben sich gierig an dem, was darin ist, und vermehren sich so rasch, daß sie alsbald viel, viel Raum füllen. Aber sie verwandeln sich nicht in Schmetterlinge. Kein bunter Flügel macht sichtbar, von welch wunderbaren Herzensangelegenheiten sich die Wortraupe ernährt hat. Sie formen sich nicht zu Worten, sondern bleiben Wörter. Dicke, selbsthungrige Wörter. Dreist und faul versagen sie ihren Dienst an dem, was mitzuteilen es mich so sehnsüchtig hetzt und drängt.
Fast kann ich ihr Schmatzen hören, sehe das pulsierende Kriechen ihrer fetten Körper und ihre nimmersatten Kauwerkzeuge, die meine Herzensdinge vertilgen, ohne sie in schöne und richtige Aussagen zu verwandeln... und plötzlich widern sie mich an. Noch nie kamen mir meine Wörter so sinnlos, so verräterisch vor. Verärgert und verzweifelt fege ich sie hinweg.
Diesmal muß es ohne sie gehen. Was ich Dir sagen will, das sage ich Dir wortlos.
Aber meine Wörter bleiben stumm. Wie dicke Raupen sitzen sie auf meinem Herzen, laben sich gierig an dem, was darin ist, und vermehren sich so rasch, daß sie alsbald viel, viel Raum füllen. Aber sie verwandeln sich nicht in Schmetterlinge. Kein bunter Flügel macht sichtbar, von welch wunderbaren Herzensangelegenheiten sich die Wortraupe ernährt hat. Sie formen sich nicht zu Worten, sondern bleiben Wörter. Dicke, selbsthungrige Wörter. Dreist und faul versagen sie ihren Dienst an dem, was mitzuteilen es mich so sehnsüchtig hetzt und drängt.
Fast kann ich ihr Schmatzen hören, sehe das pulsierende Kriechen ihrer fetten Körper und ihre nimmersatten Kauwerkzeuge, die meine Herzensdinge vertilgen, ohne sie in schöne und richtige Aussagen zu verwandeln... und plötzlich widern sie mich an. Noch nie kamen mir meine Wörter so sinnlos, so verräterisch vor. Verärgert und verzweifelt fege ich sie hinweg.
Diesmal muß es ohne sie gehen. Was ich Dir sagen will, das sage ich Dir wortlos.
Dienstag, 1. Januar 2013
Befreiräucherung
Aus unerfindlichen Gründen glaubt man, der Jahreswechsel sei für Gedanken, Vorsätze und Entschlüsse geeigneter als der Beginn jedes anderen neuen Tages, und so geht am 31. Dezember auf einmal jeder in sich, zieht Bilanz, sucht Erkenntnisse und nimmt sich Veränderungen vor.
Ich kann damit nicht viel anfangen. Die Attitüde von Vergeistigung, von Tiefsinn und Weisheit, die plötzlich alle befällt, als böte das Jahr sonst keine Gelegenheit, mal ein wenig über sich nachzudenken, ist individuell und kollektiv gleichermaßen banal, und die Vorstellung, man könne an einem einzigen Tag alle Antworten aus sich selbst heraus schöpfen, spricht eher für eine freiwillige Selbstbeschränkung als den echten Willen, seinen Erkenntnishorizont schonungslos zu erweitern. Wenn man seine Neujahrsgedanken schon ins Zeichen eines Neuanfangs, eines Aufbruchs stellt, sollte man sie doch von alten Vorurteilen und Einseitigkeiten frei halten. Finde ich.
Denn Erkenntnis ergibt sich nicht aus der Selbstbespiegelung. Sie erwächst nicht daraus, mit dem Weihrauchfäßchen poetischer Gedanklichkeit herumzuschlenkern und die dabei freigesetzten Überlegungen lediglich von den Menschen beklatschen zu lassen, die einem ohnedies nach dem Munde reden. Und schon gar nicht wird, was wir zu wissen glauben, dadurch richtiger, daß wir alles Andere einfach abstreiten und die Menschen aussperren, die uns widersprechen.
Denn was wissen wir schon? Gar nichts. Der erste Schritt zu einer umfassenden Erkenntnis war für mich schon Mitte des vergangenen Jahres der Versuch, meine subjektive, dumme kleine Sicht auf die Dinge durch den Einfluß gerade solcher Menschen zu objektivieren, die zu meiner Schonung oder Bestätigung keinen Anlaß hatten. Eine Therapie, ein paar Gespräche mit engen Freunden und erklärten Feinden und das unverblümte Urteil meiner nicht eben auf den Mund gefallenen Familie... Je radikaler mir widersprochen wurde, je grausamer man mir den eitlen Kopf wusch, und je mehr ich mich darüber ärgerte, mein sorgsam zurechtgelegtes Selbstbild gegen die abweichende Sicht meiner Mitmenschen nicht mehr plausibel verteidigen zu können, desto besser lernte ich mich kennen.
Genau deshalb schließe ich mich am 31. Dezember nicht ein, schwenke mein poetisches Weihrauchfäßchen und gefalle mir im pseudophilosophischen Pathos der Selbstbefreiung von allem Schlechten, das in Wirklichkeit nur eine verquere Mischung aus der Verleugnung anderer Interpretationsmöglichkeiten und der Verdrängung eigener Verantwortlichkeit ist.
Jeder, wie er meint und denkt. Mein 2013 wird erhebliche Veränderungen bringen, für die ich, günstigste Voraussetzungen zu schaffen, fest entschlossen bin. Aber als richtig und gut nur noch das zuzulassen, was mich über jede echte Selbstkritik erhebt, wäre mir als Einstieg ins neue Jahr zu einseitig.
Ich kann damit nicht viel anfangen. Die Attitüde von Vergeistigung, von Tiefsinn und Weisheit, die plötzlich alle befällt, als böte das Jahr sonst keine Gelegenheit, mal ein wenig über sich nachzudenken, ist individuell und kollektiv gleichermaßen banal, und die Vorstellung, man könne an einem einzigen Tag alle Antworten aus sich selbst heraus schöpfen, spricht eher für eine freiwillige Selbstbeschränkung als den echten Willen, seinen Erkenntnishorizont schonungslos zu erweitern. Wenn man seine Neujahrsgedanken schon ins Zeichen eines Neuanfangs, eines Aufbruchs stellt, sollte man sie doch von alten Vorurteilen und Einseitigkeiten frei halten. Finde ich.
Denn Erkenntnis ergibt sich nicht aus der Selbstbespiegelung. Sie erwächst nicht daraus, mit dem Weihrauchfäßchen poetischer Gedanklichkeit herumzuschlenkern und die dabei freigesetzten Überlegungen lediglich von den Menschen beklatschen zu lassen, die einem ohnedies nach dem Munde reden. Und schon gar nicht wird, was wir zu wissen glauben, dadurch richtiger, daß wir alles Andere einfach abstreiten und die Menschen aussperren, die uns widersprechen.
Denn was wissen wir schon? Gar nichts. Der erste Schritt zu einer umfassenden Erkenntnis war für mich schon Mitte des vergangenen Jahres der Versuch, meine subjektive, dumme kleine Sicht auf die Dinge durch den Einfluß gerade solcher Menschen zu objektivieren, die zu meiner Schonung oder Bestätigung keinen Anlaß hatten. Eine Therapie, ein paar Gespräche mit engen Freunden und erklärten Feinden und das unverblümte Urteil meiner nicht eben auf den Mund gefallenen Familie... Je radikaler mir widersprochen wurde, je grausamer man mir den eitlen Kopf wusch, und je mehr ich mich darüber ärgerte, mein sorgsam zurechtgelegtes Selbstbild gegen die abweichende Sicht meiner Mitmenschen nicht mehr plausibel verteidigen zu können, desto besser lernte ich mich kennen.
Genau deshalb schließe ich mich am 31. Dezember nicht ein, schwenke mein poetisches Weihrauchfäßchen und gefalle mir im pseudophilosophischen Pathos der Selbstbefreiung von allem Schlechten, das in Wirklichkeit nur eine verquere Mischung aus der Verleugnung anderer Interpretationsmöglichkeiten und der Verdrängung eigener Verantwortlichkeit ist.
Jeder, wie er meint und denkt. Mein 2013 wird erhebliche Veränderungen bringen, für die ich, günstigste Voraussetzungen zu schaffen, fest entschlossen bin. Aber als richtig und gut nur noch das zuzulassen, was mich über jede echte Selbstkritik erhebt, wäre mir als Einstieg ins neue Jahr zu einseitig.
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