Donnerstag, 21. Mai 2020

Vatertag

Ich gratuliere mir mal selbst zum Vatertag. Denn die Mutter meines Kindes käme nicht darauf. Sie hat ihre Mutterschaft zum Geschäftsmodell gemacht, schreibt Kinderbücher mit lustigen Lerngeschichten und erzählt ihrer ergebenen Filterblase mit Vorliebe von ihrem harten Alltag als Alleinerziehende. Einen Alltag, den sie durch das Beenden der damals noch bestehenden Beziehung freilich selbst gewählt hat, aber mit solchen Details wird das Publikum nicht behelligt.

Einen Vater gibt es in ihrem Narrativ folgerichtig nicht, schon gar keinen, der vom ersten Tag an mehr Unterhalt gezahlt hat als er mußte, sein Kind regelmäßig besucht, jede irgendnötige Hilfe gewährt und alle wichtigen Zusatzanschaffungen und -maßnahmen ermöglicht hat. Ohne Vaterschaftstest, übrigens, und ohne Eintrag in der Geburtsurkunde. Auf Treu und Glauben, sozusagen, obwohl beides über die Jahre durch mannigfaltige Demütigungen und unverfrorene Lügen immer wieder recht krass enttäuscht wurde.

Stattdessen bleibt die Vaterfigur nebulös; sie wird, wenn überhaupt, über vage Implikationen definiert. Implikationen, in denen nichts konkret wird, aber genug häßliche Charakterzüge und sehr viel Egoismus des Erzeugers erahnbar werden. Ein Hauch von Sitzenlassen schwingt da mit. Die - selbstverständlich von sehr viel Mitgefühl und solidarischer Anteilnahme des virtuellen Publikums begleitete und aufmerksam verfolgte - Scheinwirklichkeit ihrer Texte zeichnet das Bild einer tapferen, zarten und kreativen Frau, die ganz allein und ohne jede Hilfe unter widrigsten Umständen ihr Kind durchbringt. Nun ja, irgendwoher muß man sich ja ein Selbstbild zaubern und es validieren lassen.

Aber halt - ich will nicht ungerecht sein: Zweimal war ich doch Gegenstand ihrer Blogtexte. Verklausuliert als übelriechender, sich im heimischen Idyll von Mutter und Kind rücksichtslos breitmachender Mops, ein (natürlich) imaginärer Freund des Kindes. Ja, so geht wohl Dankbarkeit, Partnerschaft und Loyalität. Und doch mache ich weiter. Unbeirrt, unkränkbar, unerschütterlich.

Irgendwann macht sich meine Tochter gewiß ihr eigenes Bild.