Freitag, 1. April 2011

April, April

Wenn man sich das Treiben der kleinen Persönlichkeiten in großen Ämtern von Politik und Wirtschaft so anschaut, möchte man meinen, unsere Gesellschaft verliere sukzessive alle ihr einstmals zur Grundlage gemachten Werte. Die Hemmschwelle, aus schamlosem Opportunismus heute das eine und morgen das andere zu sagen, sinkt bedenklich, und Verbindlichkeit wird mehr und mehr zu einer Verhaltensnorm für altmodische Trottel, die sich den angeblich täglich wechselnden Erfordernissen nicht rückgratlos anzupassen imstande (oder willens) sind. Je offensichtlicher das System aus Gier und Eitelkeit versagt, desto großmäuliger geriert es sich, und die anmaßend behauptete Unfehlbarkeit seiner Träger nimmt im gleichen Maße zu wie ihre immer schlechter kaschierte menschliche Insuffizienz. Es wird gelogen, verdrängt, verteidigt und zur Not auch diffamiert.

Kurz: Für viele scheint jeder Tag der erste April zu sein, an dem man bedenkenlos alles behaupten und alles versprechen kann, um es dann, als sei es ein lustiger Scherz, ein kleines Versehen oder schlechterdings gar nicht so gemeint gewesen, wieder zurückzunehmen. Immer öfter erlebe auch ich, daß im geschäftlichen Bereich Versprechungen gemacht und Projekte in Aussicht gestellt werden, die von Anfang an unrealistisch waren. Es gilt nicht mehr als schlimm, sich über Vereinbarungen und Regeln hinwegzusetzen, Zahlungsfristen zu überschreiten oder Aufträge zurückzuziehen, nachdem man das Konzept abgegriffen hat.

All das empfinde ich als sehr abstoßend, und ich frage mich, ob solche Dampfplauderer sich in ihrer Substanzlosigkeit und Unverbindlichkeit wirklich wohlfühlen. Verläßlichkeit und Regeln braucht man schließlich nicht nur, damit das System menschlichen Zusammenlebens an sich funktioniert, sondern doch auch für sich selbst und jenen inneren Halt, den man im Opportunismus gewiß nie findet.

In diesem Sinne - fröhlichen 1. April! Ich hoffe, ab morgen steht wieder jeder zu dem, was er sagt.