Bis heute geben die 40 Tage vor Ostern, in denen Jesus einst die schrecklichsten Entbehrungen in der Wüste auf sich nahm, um rein und frei zu werden für die große Aufgabe, die vor ihm lag, vielen Menschen einen Anlaß, sich ein wenig einzuschränken. Alkohol, Zigaretten, Süßigkeiten - das sind wohl die gängigsten Annehmlichkeiten, auf die in der Fastenzeit verzichtet wird.
Ich finde das gut, denn freiwilliger Verzicht ist nicht mehr eben populär in unserer Gesellschaft. Kaum jemandem, der vieles nicht hat, wird geglaubt, daß er es auch nicht will, denn Haben ist Sein, und Besitz ist Bedeutung. Und wenn man den Menschen zuhört, vernimmt man zuvörderst ein Weinen und Wehklagen, ein Jammern und Beschweren, ein einziges langes Hadern mit all dem, was man nicht hat. Was uns fehlt, so möchte man meinen, bestimmt unser Selbstverständnis und unser Lebensgefühl viel intensiver als das, was vorhanden ist.
Schade eigentlich. Dabei kann uns die Fastenzeit (und eine auch auf den Rest des Jahres ausgeweitete Verzichtskultur) nicht nur zeigen, wieviel wir eigentlich gar nicht brauchen, sondern auch die Freude und das Bewußtsein dafür zurückgeben, was wir bereits haben und wie gut es uns im Großen und Ganzen noch geht.
Mir fällt Verzicht mittlerweile nicht mehr schwer. Ich habe umständehalber eine Weile lang gar keine andere Wahl gehabt als auf vieles, oft sogar auf das Nötigste zu verzichten, und es hat meinem Selbstverständnis keineswegs geschadet. Und so freue ich mich heute mehr denn je über Kleinigkeiten, eine Kugel Eis, eine iTunes-Karte, eine Taxifahrt... und lebe und genieße intensiver als im einstigen Wohlstand.
(Mein fliederfarbener Rolls-Royce fehlt mir trotzdem, ich gebe es zu. Der war einfach cool. ;-))