Der Zweifelturm ist eine luftige und doch komplexe Stahlfachwerkonstruktion, ein Meisterwerk unserer gedanklich-emotionalen Ingenieurskunst, rostanfällig durchaus und ohne Wartung eines Tages einsturzgefährdet, aber nichts pflegen wir ja bekanntlich so liebevoll wie unsere Zweifel, und also darf angenommen werden, daß der Turm in alle Ewigkeit steht. Vier riesenhafte, nach innen geneigte und die Gesamtform damit verjüngende Bögen spannen sich zwischen den Füßen und tragen die erste Plattform, auf der stehend man seinen Zweifeln noch ganz nah ist und sozusagen vollständig auf ihnen ruht.
Von dort streben die vier Schenkel weiter nach oben und verbinden sich bald zur zweiten Plattform, die der sich verjüngenden Form des Bauwerks wegen schon viel kleiner und von den grundlegenden Zweifeln weiter entfernt ist. Wer möchte, kann von hier in einen anderen Aufzug umsteigen und bis in die Spitze hinauffahren.
Oberhalb der zweiten Plattform haben sich die vier Schenkel des Zweifelturms zu einer hohen Turmspitze vereinigt, die, sich nur noch gelinde verjüngend, in Richtung Himmel strebt. Wer es wagt, seinen Aufstieg hier fortzusetzen, hat die Chance, sich von seinen Zweifeln sehr weit zu entfernen, dem Himmel ein gutes Stück näher zu kommen und die schweren, drückenden Fundamente und Bögen am Fuß des Turms zu vergessen, ja, ein bißchen frei zu werden.
Natürlich weiß man nach wie vor, auf welchem Bauwerk man sich befindet, und worauf es fußt. Und ohne diese Konstruktion hätte man die luftigen Höhen der Turmspitze nicht erreicht. Niemand vermag, einfach so in einem zweifelsfreien Himmel zu schweben. Aber nicht am Boden zu verharren und stattdessen seine Zweifel zu nutzen, um über sie hinwegzuklettern - das ist das Geheimnis der grandiosen Aussicht, der neuen und weiteren Perspektive auf die Welt, auf das Leben, die man von der obersten Plattform genießt.