Du liebst, sagst Du. Immer noch. So gültig wie damals. Sagst Du.
Damals liebtest Du, das weiß ich. Wie eine Flut umgab uns diese Liebe, kraftvoll, tief, dunkel, lebenspendend, und wir zappelten darin wie zwei glückliche Fischlein. Sie riß uns empor, diese Liebesflut, drückte uns nieder, trieb uns auseinander und zwang uns wieder zusammen. Sie bewegte uns, und wir ließen uns treiben, schwammen miteinander und jauchzten bei jeder mächtigen Welle, die uns fortriß, so stumm, so innig wie nur glückliche Fischlein jauchzen können.
Mich ließ sie taumeln in einem Meer von Glück, diese Liebesflut. Ich hatte keine Kraft dagegenzusetzen, keine Macht, sie aufzuhalten oder zu bewegen in eine mir genehme Richtung. Sie war einfach da, die Flut, und ich darin. Mit Dir. Du jedoch beherrschtest sie. Du konntest sie lenken, anschwellen lassen und zurückziehen. Aber das wußte ich damals nicht. Damals, als wir glücklich jauchzend darin taumelten.
Dann straftest Du mich; wofür, weiß ich nicht. Du zogst die Flut unserer Liebe ab vom heimeligen Grund unseres Meeres, saugtest sie weg von mir mit jener Macht, von der ich nichts gewußt hatte, nahmst sie mit zu unerreichbaren Horizonten und schwammst davon. Du ließt mich in der Ebbe zappeln – nicht mal auf dem Trockenen! Da wäre ich wenigstens alsbald gestorben. Sondern auf nassem, kalten Schlick, der immer noch durchtränkt war von dem, was wir hatten, mich immer noch schnappen ließ nach der Liebesflut, die ihn einst bespülte... und doch zum Jauchzen, zum Atmen, zum Leben nichts mehr hergab.
Ich sterbe nicht und lebe nicht. Immer, wenn die Liebesebbe mich auszutrocknen drohte, sandtest Du eine Welle, eine Springflut, die mich kurz durchatmen, schwimmen, hoffen ließ... und tausendfach glitzerte das Licht auf ihren Wogen, so wie ich es kannte mit Dir. Doch kaum, daß ich eine Richtung darin zu suchen begann, zu Dir, zu uns, zu jenen Horizonten, zu denen Du allein aufgebrochen warst, damals, als Du die Flut mit Dir nahmst... zogst Du sie wieder ab. Schicktest wieder Liebesebbe und ließt mich neuerlich trocknen, zappeln, sterben. So machst Du es bis heute, und ich weiß nicht, warum.
Du liebst, sagst Du. Immer noch. So gültig wie damals. Sagst Du.
Mag sein, daß Dich die Flut umspült wie damals. Dich emporreißt und niederdrückt, hier hin und dahin treibt. Denn Du hast sie ja mitgenommen, die Liebesflut, die Du beherrschst mit jener Macht, von der ich nichts wußte. Und mich daraus verbannt. In die Ebbe.
Da liege ich nun und schnappe.