„Du weißt gar nicht, wie ich bin!“
sagst Du, während Du eine zweite Maske über die Maske ziehst, die Du schon so lange trägst, und Deine Stimme klingt dumpf drunter. Ich weiß nicht, wie Deine Stimme ohne Masken klingt; das habe ich nur ein-, zweimal gehört, und es ist so lange her, daß ich mich kaum erinnere. Nur daran, daß sie schön war.
„Du siehst mich gar nicht wirklich!“
sagst Du, während Du das Licht ausschaltest, Deine Kapuze weit ins Gesicht ziehst und Dich umdrehst, weg von mir. So bleibt um uns herum nichts als die Dunkelheit, die Du geschaffen hast. Du hast es gern dunkel, um mir meine Blindheit zu beweisen. Aber meine Augen finden Dich, auch wenn Du es nicht siehst.
„Ich bin so allein!“
sagst Du, und als ich meine Hand in die Dunkelheit strecke, schlägst Du mit aller Wucht darauf. So machst Du es oft; vier meiner Finger waren schon gebrochen. Nun bricht auch der fünfte. Mehr habe ich nicht. Nächstes Mal werde ich dir nur die Linke hinstrecken können. Die ist fast so stark wie die Rechte.
„Wer mich liebt, kennt meine Fragen!“
sagst Du, aber immer, wenn ich Luft hole, um zu antworten, hältst Du Dir die Ohren zu und singst ein Lied von Einsamkeit. Ich spreche trotzdem, aber Du kannst mich nicht hören. Denn Du magst Fragen lieber als Antworten. Du magst Hindernisse lieber als Möglichkeiten. Sie lassen Dich traurig und stark und ganz allein sein.
„Nur wenige kennen mich!“
sagst Du und meinst damit Deine richtigen Freunde. Die Dir sagen, wie großartig Du bist. Dann fühlst Du Dich geliebt. Mich zählst Du nicht dazu, denn ich sage zu oft, wo Du noch großartiger sein könntest. Und dann fühlst Du Dich angegriffen, unverstanden. Nicht geliebt, nicht erkannt genug. Sofort ziehst Du die Maske an, schaltest das Licht aus und schlägst auf meine Hand.
„Ich bin da!“
sage ich. Denn ich höre Deine schöne Stimme durch die unbewegte Maske, sehe Deine Schönheit im Dunkeln und fürchte nicht den Schmerz Deiner Schläge, weil ich stark sein kann für Dich. Ich antworte Deinen tauben Ohren und ich widerspreche Dir. Ich bin immer da, auch wenn Du mich fortschickst. Denn so geht Liebe.