Die Muschel im Meer
hat’s schwer.
Sie ist weich
und zugleich
ist das Leben so hart.
Es erspart
ihr nichts. Kein Land,
nur Salz und Sand
und der zahlreichen Feinde
hungrige Gemeinde.
Drum schützt sie mit Schalen
vor Qualen
ihr Herz,
hüllt den Schmerz
in Stein
und verkriecht sich darein.
Allein.
Von draußen kann kein
Wesen sie sehen,
verstehen,
erkennen und spüren
ihr inneres Rühren,
ihr Sehnen, ihr Hoffen.
Nicht offen
der steinerne Panzer,
mit ganzer
Kraft verschlossen gehalten,
vor Gewalten
die zarte Seele
zu bergen in einsamer Höhle.
Sie sehnt sich nach Leben,
ihr Streben
nach Liebe,
die Triebe,
all das treibt sie an
und sie kann
nicht verhindern,
die Deckung zu mindern,
einen haarfeinen Spalt
öffnet sie – schon wird’s kalt.
Doch eh sie neuerlich hart und gemein
die innere Pein
verdeckt,
sie versteckt
und sich wiederum schließt,
schießt
liebesmutig ein Sandkorn hinein
ganz klein, ganz fein.
Ins Weiche gekuschelt,
ummuschelt,
bekämpft
und gedämpft
mit perlkaltem Weiß
brennt es heiß,
und aus Muschel und Korn
wird Neues gebor’n.
Da spült eines Tages das launige Meer
was her.
Ein lebensmüdes Schalentier
voll Gier
nach Trost und Halt,
schweißkalt
in ziellos-dummem Lauf,
nähert sich, bricht sie auf,
trinkt sich satt.
wird matt.
tut ihr weh,
sagt „ich geh“
und ist weg.
Was ihr bleibt, ist der Schreck.
Doch schon eilt
eh' sie heilt
das Schalentier zurück
hat Glück,
und darf rein
in den schützenden Schrein.
Und da macht es sich breit,
teilt sein Leid,
süß, hitzig, geschwollen
spricht’s von Liebe, von Wollen.
frißt Licht,
spürt nicht,
wie neben ihm die Muschel verdirbt
und stirbt.
Sie verfällt, verwässert, verweht
und vergeht.
Und zurück,
bleibt die Schale, das Stück,
das sie stützte,
ihre Weichheit beschützte,
und noch lange zu sehen
ist, wenn Muscheln vergehen.
Man nennt es wie sie,
erkennt nie,
wer dort lebte,
vor Angst, vor Liebe, vor Leid weich erbebte.
Nun liegt die Schale hohl und leer,
Ein Überrest nur,
doch nicht ohne Spur:
Eine kleine Perle schwimmt durchs Meer.