Montag, 26. Mai 2025

20.000 Tage

20.000 Tage. So lange bin ich heute auf dieser Welt. Hab's ausgerechnet. Etwa 8.600 Tage bleiben mir noch, statistisch gesehen. Es liegt also weit mehr Leben hinter mir als vor mir.

Zwischen hinter und vor stehe ich. Halte inne. Wie ist mein Leben an diesem Punkt? Was habe ich noch vor mit meiner Zeit? Bin ich am richtigen Platz? Begleiten mich die richtjgen Menschen? Tue ich die richtigen Dinge? Und bin ich meinen Werten, meinen Überzeugungen und Ansprüchen treu?

In vielerlei Hinsicht, gottlob, lautet die Antwort: ja! Aber selbstverständlich ist das nicht. Wir gleiten ab vom Weg, der uns vollends erfüllt, machen Kompromisse, treffen kurzfristig abweichende Entscheidungen. Und oft merken wir es nicht mal, wachen irgendwann auf und finden uns in einem Leben wieder, das nicht unseres ist. So ist's mir 2006 passiert.

Seitdem bin ich aufmerksamer. Korrigiere rechtzeitig den Kurs. Hinterfrage regelmäßig den Sinn, das Glückspotenzial und die Erfüllung meines Lebensentwurfs. Und bleibe mir treu.

20.000 Tage bin ich heute auf dieser Welt. Und viele, viele davon waren gut und richtig. Auch einige von den schlechten.

So soll es bleiben. Für die nächsten 8.600 Tage. 

Mittwoch, 14. Mai 2025

Die einfachste Botschaft der Welt: Nächstenliebe

Wie praktisch, so eine Kirche, die man weltfremd finden kann, lebensfern, unzeitgemäß und überkommen, ein bißchen lächerlich in ihrer angestaubten Pracht, mit der man vor Jahrhunderten noch Bauern beeindrucken konnte. Heute allenfalls eine Kulisse, die man nutzt, um sich und seinen vermeintlichen Glauben zu inszenieren.

Aber mehr dann bitte auch nicht! Eine Kirche, die derlei Selbstinszenierung in Frage stellt oder gar an der Liebesbotschaft Jesu Christi mißt, ist dann doch etwas zuviel des Guten. 

Und so nimmt es nicht wunder, daß aus dem Trump-Lager die ersten Schmähungen des neuen Papstes laut werden. "Woke" sei er, "Anti-MAGA", ein Marxist gar und ein "liberal piece of shit". Und woher all diese Unbill? Weil Papst Leo XIV. - oh ha! - darauf hingewiesen hat, daß man Nächstenliebe keine Rangfolge geben kann. 

Die Trump-Sekte schäumt vor Wut - schließlich macht IHR Messias doch glasklare Vorgaben dazu, wer zu lieben und wer selbstverständlich zu hassen sei. Und postet Kommentare wie die oben zitierten.

Natürlich empört mich die abgründige, anmaßende Respektlosigkeit, die aus derlei Bezeichnungen plärrt, und es bleibt mir unbegreiflich, wie irgendjemand sich als Christ bezeichnen kann, der die Botschaft Jesu so fundamental nicht verstanden hat. Zugleich befriedigt mich als Katholiken ungemein, wie klar sich der neue Papst gerade als Amerikaner hier positioniert. Eine Stimme, die Gewicht und Reichweite hat. Eine Autorität, die die größenwahnsinnige Karrikatur im Gold-Weißen Haus nicht unterdrücken kann.

Soweit freue ich mich mal sehr über diesen Papst!

Montag, 12. Mai 2025

Freiheit, die begeistern sollte

Wieso begeistern sich Menschen für Tyranneien? Für Kriegsherrn und Diktatoren? Für Haß und Ausgrenzung? Wieso nicht für die Freiheit, die Einheit und das unendliche Potenzial einer Menschheit, die gemeinsam statt gegeneinander handelt? So frage ich mich nach der unsäglichen Russland-Demo am Wochenende.

Ich denke zuweilen, die Freiheit begeistert nur zwei, vielleicht drei Generationen. Dann wird sie zur Selbstverständlichkeit und damit langweilig und reizlos, vor allem aber anstrengend. Denn sie überläßt dem Individuum eine Fülle an Gestaltungsmöglichkeiten - und damit eben auch sehr viel Verantwortung.

Menschen in Freiheit werden bequem, und in der Sicherheit des unbehelligten Lebens erwacht der alte, tief in uns angelegte Drang nach dem, was wir nicht haben, dem neuen Reiz, dem intensiveren Gefühl. Demokratische Regeln und die tägliche Arbeit, die die Freiheit individuell und kollektiv erfordert, werden dabei als Hindernis und Gängelei empfunden.

Und so begeistert man sich für die Kraft, die all das durchbricht, die Art von Stärke, die klare Vorgaben macht und einfache Antworten bietet, und eine imaginierte Reinheit und Homogenität, wo die komplexe und vielfältige Welt die eigene Vorstellungskraft zu überfordern beginnt. Und die Freiheit wird zum Feindbild.

Für mich unbegreiflich. Europa mag seine Schwächen haben. Nicht jede EU-Regel mag sogleich einleuchten. Und daß die handelnden Menschen oft fehlerhaft sind, kann auch nicht überraschen. Aber die Grundidee und ihre nunmehr jahrzehntelangen Auswirkungen von Frieden, Freiheit und Wohlstand sind nach wie vor begeisterungswürdig. 

Ja, sie sollte uns begeistern, diese Freiheit, mit all ihren Makeln. Und wir sollten nicht müde werden, sie zu verteidigen, sie zu verbessern und uns jeden Tag daran zu erinnern, was die Alternative ist. 

Begeistern wir uns!

Samstag, 10. Mai 2025

Zuviel der Freiheit?

Heute muß ich an mich halten. Sowohl, was meine Liebe zur Freiheit als auch, was mein Bemühen um eine besonnene Sprache betrifft.

Denn die Putin-Demo gestern am Maria-Theresien-Platz in Wien hat mich einigermaßen schockiert. Da steht eine gar nicnt so kleine Gruppe von Menschen mit Russland- und sogar mit Sowjet-Fahnen um das Denkmal der Kaiserin und skandiert unsägliche Propaganda. Finster blickende Ordner mit weiß-blau-roten Armbinden und Sankt-Georgs-Bändchen an der Warnweste stehen breitbeinig an allen Zugängen zum Platz als gehöre er ihnen. Ein Grüppchen Polizisten steht unbeholfen herum.

Gegenüber vor dem Burgtor auf der anderen Seite des Rings hat sich eine viel kleinere Gegendemo mit blau-gelben Flaggen und Spruchbändern gebildet, die "Slava Ukraini" skandiert. Ein Mann von der Russendemo kommt rüber und greift eine Frau an, ruft, das sei eine Naziparole. Die Polizei löst die Situation, aber die Putin-Sykophanten drüben bleiben unbehelligt.

Fassungslos gehe ich weiter über den Heldenplatz und frage mich, ob das nicht zuviel der Freiheit sei. Eine Unterstützungsdemo für einen Angriffskrieg, ein verbrecherisches Mörderregime, einen Diktator, der die liberalen Demokratien haßt und sie mit ungeheurem Desinformationsaufwand zerstören will, und das mitten in einer europäischen Hauptstadt, an prominenter Stelle und unter dem Schutz des demolratischen Staates  - darf das wirklich sein?

Nein, bei aller Liebe - das ist mir in diesem Moment wirklich zuviel der Freiheit.