Die Wolken ziehen heute schnell am Julihimmel. Wie in Eile fliegen sie dahin. Fast so als hätten sie ein Ziel. Vielleicht glauben sie es sogar. Aber sie haben keins. Es ist nur der Wind, der sie treibt. Einige von ihnen zerfasert er, verwirbelt sie und löst sie auf. Sie lassen sich zerstören, indem sie sich treiben lassen, diese Wolken. Andere werden dicht, ballen sich zusammen und fliegen noch schneller dahin. Es sind, so möchte man glauben, die mächtigen Wolken, die sich selbst vom Wind, der sie treibt, nicht mehr sauber unterscheiden können. Sie vermögen die Sonne zu verdunkeln, das Land zu beregnen oder Blitze zu schleudern. Ganz wie es ihnen beliebt. Aber es ist dennoch nur der Wind, der sie treibt.
Hübscher anzusehen sind indes die kleinen, die verwirbelten Wolken, die, dem Spiel des Windes ausgesetzt, bald hierhin, bald dahin treiben, sich auflösen, um an anderer Stelle in neuer und erfreulicher Form wieder erscheinen. Sie lassen die Sonne durch und taugen nicht zum Regnen oder Blitzeschleudern. Sie sind einfach nur hübsch anzusehen, auch wenn sie dabei vergehen.
Mein Blick sinkt auf die Erde. Hier unten auf dem Platz vor der Alten Oper regt sich kein Lüftchen. Wie eine brütende Henne hat sich die Julihitze auf die Stadt gesetzt. Heiß und bewegungslos hat sie platzgenommen zwischen all den unbequemen Wolkenkratzern. Und dennoch eilen die Menschen umher, getrieben von einem Wind, der nur in ihnen weht. Auch sie glauben, ein Ziel zu haben, und ich frage mich, was das sein mag. Geld, Ansehen, Sinn? Oder laufen sie weg? Vor sich selbst, vor ihren Träumen? Nein, so sehen sie nicht aus. Sie schauen nach vorne, haben den Blick fest auf den nächsten Termin, den nächsten Erfolg gerichtet. Manche von ihnen sind eins geworden mit ihrem inneren Antrieb. Sie erreichen etwas, wie man so schön sagt. Nach Belieben beglücken oder verdammen sie ihre Welt. Die anderen werden getrieben, und ihr innerer Wind zerfasert nach und nach ihre Seele, solange bis sie vergehen und verwehen.
Ich selbst? Sitze nur so da. Es mangelt mir an Antrieb. Das habe ich schon oft gehört. So wird man nicht mächtig. Keine Blitze, kein Regen. Aber man zerfasert auch nicht. Man ist einfach nur. Und schaut.
Das Wolkenleben wäre wohl nichts für mich.