Die Insignien der alten Ideen haben wir vorsorglich abgenommen von unserem Gedankengebäude. Es ist uns unangenehm genug, diese Ideen je beherbergt, gedacht, gelebt zu haben und sie mit dem Hoheitszeichen der Macht sichtbar und offiziell zum einzig legitimen, alles beherrschenden Interieur unseres Gedankengebäudes erhoben zu haben. Ein dummer Fehler. Schnell fort also mit dem Symbol, das einst die Fassade zierte.
Das Gedankengebäude bleibt freilich stehen. Was man hat, das hat man. Und so schlecht sah es ja nicht aus. Die alten Ideen... naja. Die haben wir eben versteckt. In Wandschränken, in Abstellkammern, im Keller. Ein paar haben wir im Garten vergraben. Schließlich haben wir die großen, noch intakten Räume ganz schnell mit neuen Ideen gefüllt.
So ganz wollten sie freilich nie in unser Gedankengebäude passen, die neuen Ideen. Die Architektur war nun einmal nicht für sie gemacht. Man hätte vielleicht nicht nur die Hoheitszeichen der alten Ideen entfernen, sondern das ganze Gedankengebäude abreißen und ein neues errichten sollen, ein helles und offenes, in das die neuen Ideen gepaßt hätten! Haben wir aber nicht gemacht. Und so wirkten die neuen Ideen im alten Gebäude immer etwas fremd. Und verstaubten.
Also auf die Fenster! Frischer Wind soll wehen, und mit ihm die Stimmen, die draußen immer lauter werden. Und plötzlich fliegen die Wandschränke auf, die Abstellkammern, der Keller sogar! Und im Staub wirbeln die alten Ideen aufs neue hervor, mischen sich ein bißchen mit den neuen, aber nicht viel, flattern hoch und uneinholbar durch unser Gedankengebäude... gerade so, als seien sie endlich wieder im Recht, endlich wieder da, wo sie immer hingehörten. Weg waren sie ja nie. Wir hatten sie nur versteckt.
Es braucht eben keine Hoheitszeichen, um ein Gedankengebäude plötzlich wieder von alten Ideen besetzt zu finden. Das Abmontieren der Insignien reicht nicht aus; es schützt uns nicht vor dem alten Ungeist. Halten wir unser Gedankengebäude also sauber - gerade, wenn es draußen stürmt. Denn darauf kommt's an.