Gewiß, in Wien schlendert man erst mal über den Silvesterpfad, trinkt ein Gläschen Sekt oder einen selbstgemachten Punsch am besten Sektstand der Stadt in der Bräunergasse und plaudert ein wenig mit Menschen, die man dort zufällig trifft und die mehr als sonst in der gemeinsamen Hochstimmung des Augenblicks verbunden scheinen. Aber es wird sehr schnell sehr laut und sehr voll am Silvesterpfad; die Musik stampft eher als sie klingt, und trotz der vielbeschworenen Terrorangst drängen sich irgendwann mehr Menschen am Graben als mir angenehm ist.
Also beschlossen wir, es dieses Mal anders zu machen und den obligaten Donauwalzer nicht wie all die Jahre zuvor im 1. Bezirk, sondern im netten Lokal einer lieben Bekannten auf der Burggasse zu tanzen. Wir kamen gegen elf an; das gedämpfte Licht und die sanften Jazzklänge der kleinen Live-Band empfingen uns ebenso schmeichelnd wie die charmante Wirtin selbst, und das Lokal war gut besucht, aber weit davon, voll zu sein. Eher wie eine kleine, feine Party guter Freunde.
Was dann folgte, war der entspannteste Jahreswechsel, den ich je erlebt habe. Die Sekunden zur Mitternacht verstrichen völlig ohne kollektiv-krakelendes Herunterzählen, kein urzeitliches Gejohle und wüstes Gläserklimpern folgte dem unhörbaren Glockenschlage, und hätte nicht die Jazzkapelle ihre ganz eigene Version des Donauwalzers intoniert, wäre man wohl nicht ganz sicher gewesen, ob das neue Jahr tatsächlich schon begonnen hat. Es war ein sanftes Hineingleiten, kein polterndes Rutschen, und so, ja, genau so möchte ich das Jahr auch fortsetzen - entspannt, besonnen, nicht laut und reizstark, sondern ruhig und bewußt in meiner Wahrnehmung, gelassen und intensiv in meinen Empfindungen und bedacht in meinen Reaktionen.
2017 wird uns einiges abverlangen. Die Weltlage gibt nicht ausschließlich Anlaß zum Optimismus, und mehr als wir es in unserer für selbstverständlich genommenen Freiheit bislang gewohnt waren, werden wir Verantwortung zeigen und darauf achten müssen, daß uns die mühsam errungenen Grundwerte unserer Gesellschaft nicht abhanden kommen. Gerade dafür ist es wichtig und gut, mehr zu gleiten als zu rutschen, Debatten entspannt und sachlich zu führen, statt sich durch erhtizte Gemüter zu Unangemessenheiten hinreißen zu lassen, und einfach mal der Lust zu widerstehen, in der lauten, mehr stampfenden als klingenden Masse mitzukrakelen, weil's so schon einfach, so verführerisch heimelig scheint.
Sanft gleiten, tief und ruhig denken, besonnen handeln. Willkommen in meinem 2017.