Klar ist, daß es gute Gründe gibt, mit der Regierung unzufrieden zu sein. Klar ist auch, daß die großen Probleme unserer Zeit, von Krieg über Migration und Pandemie bis zum Klimawandel, uns kognitiv und emotional überfordern und in vielen Menschen den Reflex auslösen, alles in Frage zu stellen und lieber einem radikalen Umbruch zuzustimmen als dem beharrlichen Lösen der komplexen Herausforderungen. Denn die Revolution gibt stets ein Gefühl der Selbstwirksamkeit, die als Gegenteil der Ohnmacht wahrgenommen und ersehnt wird.
Klar ist aber auch, daß die etablierte Politik in kommunikativer Hinsicht vollkommen versagt hat. Miserable Wahlplakate, selbstgefällige Talk Shows, lineares Fernsehen und ein Kanzler, der uns auf angeblich "hanseatisch-zurückhaltende" Art immer wieder im informationellen Nirgendwo hängen läßt - damit erreicht man junge Menschen nicht. Das immerhin hat die AfD verstanden und ohne Widerstand die Lufthoheit über die sozialen Netzwerke ergriffen.
Das Wahlergebnis zeigt uns also auch: Um politische Inhalte geht es vielen Wählern kaum noch, sondern um Präsenz. Spitz gesagt: Die Menschen kaufen jeden Quatsch, solange er häufig genug aufpoppt.
Wie kriegen wir das in den Griff? Mit besserer, pragmatischerer, an den Bedürfnissen der Menschen orientierten Politik, die nicht weltanschaulich agiert und ihre Energie mit Partikularinteressen verschwendet. Und ganz, ganz, ganz unbedingt mit klarerer, ehrlicherer, leidenschaftlicherer, verbindlicherer und viel besser kanalisierter Kommunikation, die die Menschen sowohl medial als auch emotional erreicht.
Aber das will halt gekonnt sein.