Donnerstag, 18. Juli 2024

Mit dem Strom, gegen den Strom

 "Man muß gegen den Strom schwimmen. Bloß nicht Mainstream sein." Solche Formulierungen scheinen heute der Ausweis schlechthin zu sein für ein besonders eigenständiges, aufgeklärtes, moralisch und intellektuell überlegenes Denken. Und ich kann kaum in Worte kleiden, wie sehr mir das auf die Nerven geht.

Denn dieses Axiom, daß einen bloßes Dagegensein bereits über andere erhebt, daß ein stumpfes Bestreiten mehrheitlicher Meinungen und Wahrnehmungen in irgendeiner Weise elitär sei, dient doch nur einem Zweck: sich eine destruktive Mission zu geben und ein Narrativ der Überlegenheit zu schaffen. Es ist arrogant, weil es Mehrheiten als willenlose, breite Masse denunziert, und es ist undemokratisch, weil es eben jenen Mehrheitswillen nicht anerkennt. 

Vielleicht ist, was manche verächtlich "Mainstream" nennen, ja oft einfach nur gesunder Menschenverstand. Vielleicht fließt der Strom, gegen den die Selbstprofilierer so gerne schwimmen, ja genau deshalb so, weil das der für viele überzeugendste Weg ist.

Man verstehe mich nicht falsch - kritisches Denken ist sehr erwünscht! Allgemeine Überzeugungen immer wieder in Frage zu stellen, zu validieren oder zu optimieren, ist unser aller demokratische Pflicht. Mich stört nur das prinzipielle Dagegensein, das reflexhafte Ablehnen und Schlechtreden von allem, was eine Mehrheit für gut und richtig hält, nur um andere zu diskreditieren. 

Das ist nicht edel, widerständig und aufgeklärt, sondern spalterisch, selbstgefällig und eben viel zu simpel.