Dienstag, 13. August 2024

Die Macht der wohlgewählten Worte

Worte sind irgendwie immer nur auf Platz zwei. "Taten zählen mehr als Worte", sagen die Menschen, oder gar "ein Bild sagt mehr als tausend Worte." Und so richtig diese Aussagen einerseits sind, so falsch kommen sie mir andererseits vor.

Denn Worte werden darin irgendwie gegen die anderen Ausdrucksformen ausgespielt, als Gegensatz oder Alternative dargestellt, die zur gleichen Zeit dem gleichen Zweck dient und sich dabei als minderwertig erweist.

Mich schmerzt diese Diskreditierung der Worte als Instrument der Kommunikation, denn ich liebe die Sprache und sehe in ihr nicht nur ein wunderbares Kulturphänomen, sondern auch das wichtigste und mächtigste Ausdrucksmittel überhaupt. Und zugleich erscheint es mir unfair, Bilder, Taten und Worte so kompetitiv gegeneinander zu stellen.

Natürlich ist es besser, jemand tut etwas, statt nur zu labern. Natürlich kann ein expressives Bild mehr spontane Gefühle evozieren als ein Text.

Aber darum geht es doch gar nicht.

Worte, unsere Sprache ist das, was uns menschlich macht. Sie ist (anders als Bilder) in der Lage, komplexe Sachverhalte umfassend zu beschreiben, zu differenzieren, Interessen klarzustellen und auszugleichen, und Menschen zueinander zu bringen. Würde mehr geredet - im Sinne echten Austauschs, Zuhörens und Verstehens -, gäbe es weniger Kriege, weniger Streit, weniger Scheidungen. 

Aber die Sprache wird immer mehr abgewertet. In einer audio-visuellen Medienwelt, in der wir in jedem Supermarkt, jedem Lokal und jedem Kaufhaus mit Musik behämmert werden, uns überall bunte Bilder bestrahlen und die Hälfte unserer Lebenszeit Bildschirme vor unseren Augen flimmern, nimmt die Tiefe, die Komplexität und Feinheit der Sprache ab. Unser Austausch wird standardisierter und simpler, und unsere Denkfähigkeit paßt sich nach unten an.

Weil ich das nicht gut finde, schreibe ich so gern. Weil ich das nicht gut finde, rate ich als Coach und Privatnensch, die Sprache nicht zu vernachlässigen, sondern sie zu lieben und zu pflegen. Denn wenn wir uns irgendwann nur noch angrunzen oder anbrüllen, wie man es im Alltag bereits beobachten kann, oder nur noch über stilisierte Bilder kommunizieren, dann haben wir unsere Menschlichkeit endgültig verloren.