Es ist mir selbst fast unbegreiflich, aber gestern habe ich sage und schreibe 12 Stunden im Kaffeehaus gesessen. In Worten: zwölf Stunden. Und es war gar nicht fad. Der Raum war wie immer erhebend, die Gäste unterhaltsam, die Begegnungen bereichernd und die Kellner fürsorglich.
Ich kam um 9:30 Uhr an und bestellte den üblichen "Kaffee verkehrt" (ja, ich bestellte ihn! Der Kellner war neu und wußte nicht, daß er ihn mir einfach bringen darf und soll). Dann hatte ich eine Besprechung, die sehr gut und fruchtbar war, arbeitete hernach ein paar Stunden, aß zu Mittag, bekam spontan lieben Besuch an meinen Tisch, arbeitete noch ein paar Stunden, skypte ein bißchen, aß zu Abend... und auf einmal war es 21:30 Uhr.
So war der Tag, den ich im Kaffeehaus verbracht habe. 12 Stunden lang übrigens, falls ich es noch nicht erwähnt habe. Ja, wirklich - 12. Ich habe das lange nicht mehr getan. Naja, tatsächlich habe ich noch nie zuvor 12 Stunden am Stück im Kaffeehaus verbracht. Aber auch zwei, drei Stunden waren es eine gute Weile nicht mehr. Manchmal tun wir Dinge, die wir eigentlich mögen, lange Zeit nicht. Wir finden nicht die Muße, sind in Gedanken woanders... und so entstehen Pausen, die zuweilen erfrischend, manchmal aber auch entfremdend wirken können. Ich fand's erfrischend.
Das war's schon. Die Geschichte hat keine Pointe, und ich kann auch keine außergewöhnlichen Erlebnisse berichten, keine originellen Begebenheiten und keine geistreich-witzigen Schlußfolgerungen. Ich war einfach mal 12 Stunden im Kaffeehaus, und ich finde, daß diese Tatsache in unserer hektischen Welt eine kleine, fußnotenhafte Erwähnung verdient.
Gell?