Donnerstag, 1. Februar 2024

Mehr Leidenschaft für die Demokratie!

Ich glaube zutiefst an die Macht der Kommunikation. Deshalb habe ich meinen Beruf gewählt, und deshalb liebe ich besonders den Umgang mit Sprache. Und ich glaube, daß das Wohl und Wehe aller menschlichen Interaktion von der Qualität der Kommunikation abhängt, ganz gleich ob in Liebesbeziehungen, wirtschaftlichen Tätigkeiten, Alltagsbegegnungen, Freundschaften und im politischen Geschehen. 

Letzteres ist gerade sehr präsent. Der Extremismus, den wir vermehrt erleben, ist ohne Frage eine Gefahr für die Demokratie. Daß derzeit so viele Menschen dagegen aufstehen und für unsere freiheitliche Grundordnung auf die Straße gehen, ist nicht nur großartig, beruhigend und wünschenswert, sondern auch notwendig und ein exzellentes Stück Kommunikation mit einer klaren Botschaft: 

Wir sind mehr. 

An dieser Klarheit fehlt es meines Erachtens der medialen Berichterstattung und auch der Kommunikation der politischen Eliten. Aus meiner Beraterperspektive sehe ich hier zwei Schwächen: 

1. Es wird gewarnt und gewettert auf Teufel-komm-raus, und ich denke zuweilen, daß der AfD das nur recht sein kann. Denn es stilisiert sie zu einer bedrohlichen, fast unaufhaltsamen Macht, die, wenn überhaupt, nur massiver Widerstand eindämmen kann, und wer sich in ihrem Fahrwasser sieht, muß das Gefühl haben, auf einem erfolgreichen Weg zu sein. Eine Atmosphäre des verzweifelten Sich-Wehrens auf der einen, ein triumphierendes „Seht nur, wie sie zittern!“ auf der anderen Seite hat zersetzende Bewegungen in der Geschichte eher befeuert als aufgehalten. Dieses Gefühl dürfen wir den Fanatikern und Systemgegnern keinesfalls geben! 

2. Immer wieder wird aufgerufen, hetzerischen Reden und verzerrender Propaganda mit Fakten und Aufklärung zu begegnen. Eine emotional getriebene Weltsicht – und nichts anderes ist die Zustimmung zur AfD – wird man indes nicht auf der rationalen Ebene verändern, so sehr wir uns das wünschen. Menschen, die sich da verführen lassen, verwerfen Fakten als Lüge und zeigen damit ein emotionales Bedürfnis, das das bestehende System und seine Politik nicht mehr erfüllen. Und das müssen wir adressieren, so gern wir Deutschen auch rational argumentieren. 

Nehmen wir als Beispiel mal das simple Thema der heimatlichen oder kulturellen Identität, die schon bei ihrer bloßen Erwähnung als mindestens protorassistisch verurteilt und tabuisiert wird – weil ja alle Menschen gleich seien. Dieser linke Traum von totaler Gleichheit ist zwar völlig gegen die Natur des Menschen (und zudem übrigens das Gegenteil echter Vielfalt), wird aber als rationales Axiom in Dauerschleife postuliert. Also sind plötzlich nur noch Regenbogenflaggen in Ordnung, während Schwarz-Rot-Gold als nationalistisch verteufelt wird. 

Und wer füllt die Bedarfslücke und setzt sich sogar dreist auf das schwarz-rot-goldene Banner, das wunderbarste Symbol der Freiheit und der Völkerverständigung, das unsere Geschichte kennt? Die AfD. Mir bricht es jedesmal das Herz, wenn sie diese Farben für ihre düsteren Zwecke mißbrauchen und damit schänden, und wir alle sollten uns dagegen empören, statt sie gewähren zu lassen und selbst nur Pappschilder und Phantasieflaggen hochzuhalten. 

Natürlich ist dieses Land nicht perfekt. Vieles ist im Argen, und leider wird von politischer Seite nicht der Reformwille erkennbar, der Not täte und den sich viele wünschen. Was uns aber guttäte, ist ein positives Selbstverständnis, die dankbare Wertschätzung dessen, was wir an unserer Vielfalt, unserer Freiheit und der riesigen Mehrheit, die sich zu ihr bekennt, haben, und der Wille, auf dieser Grundlage die Mißstände gemeinsam anzugehen. Das ist ein Narrativ, mit dem man auch manchen AfD-Sympathisanten wieder gewinnen könnte, denn es bedient nicht nur die Ratio, sondern berührt die Gefühlsebene, stiftet Identität und schließt alle Menschen ein, die sich darauf einlassen, egal, welche Farbe, Religion oder Liebesgewohnheiten sie haben. 

Genau diese emotionale Ebene ist nun mal in der Kommunikation das Zentrum unserer Entscheidungen. Wir überlassen sie als Spielwiese exklusiv der AfD und versuchen, mit Fakten in eine desparate Defensive zu gehen. 

Überdenken wir das!