Ostersonntag. Die Sonne scheint, die Kirchenglocken läuten. Ich erinnere mich an meine Kindheit im katholischen Rheinland, an die allgemeine Selbstverständlichkeit religiöser Rituale, zumindest an hohen Feiertagen. An volle Kirchen und eine gehobene, feierliche Atmosphäre.
Heuer bin ich über Ostern daheim. Und natürlich gehe ich in die Kirche, in der ich einst kommuniziert und gefirmt wurde, Sankt Josef in Koblenz. Daß meine Mutter mit mir geht, verstärkt mein Gefühl aus sentimentaler Nostalgie, kindlicher Geborgenheit und festlicher Frömmigkeit.
Als wir fünfzehn Minuten vor Beginn des Gottesdienstes die Kirche betreten (man möchte ja noch einen Platz ergattern), bekommt das innere Bild einen Knacks. Der schöne neogotische Raum ist fast leer. Wir sind einigermaßen entsetzt; das kennen wir so nicht, das haben wir noch nie erlebt.
"Den Menschen geht's zu gut", sagt meine Mutter. "Nein", widerspreche ich, "ich glaube, es geht ihnen gar nicht gut. Sie wenden sich nur anderen Deutungsmustern, anderen Sinnquellen zu." Klären können wir das nicht.
Ein paar Menschen finden sich noch ein. Aber verglichen mit früher ist es ein trauriges Bild an einem Ostersonntag. Die relative Leere des Kirchenraumes scheint mir die Leere unserer Seelen abzubilden. Die Leere unseres Selbstbildes und unserer Orientierung als Gesellschaft. Nicht weil Kirche die Antwort wäre. Sondern weil sie ein Symbol ist für eine Übereinkunft, die verloren gegangen scheint.
Die Predigt ist sehr gut, nah am Menschen, tagesaktuell und mit klarer Haltung zum politischen Geschehen. Ein Angebot ist also da. Schade, daß es derzeit so wenige annehmen.