Freitag, 16. Juli 2010

Neues aus der Forschung

Habe ich eigentlich schon meine hochwissenschaftliche Studie erwähnt, die ich seit etwa drei Jahren in Wien und Umgebung durchführe? Nein? Dann wird es höchste Zeit, denn eine Forschungsarbeit von so außerordentlicher gesellschaftlicher Bedeutung kann und darf der Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden!

Kurz gesagt geht es um die Ermittlung des sogenannten Schnitzelbissenpreises (SBP), des Wertes also, den unter Berücksichtigung des in der Speisekarte ausgewiesenen Preises ein einzelner Bissen eines Wiener Schnitzels hat. Man errechnet ihn ganz logisch, in dem man die Bissen zählt, die sich von einem Schnitzel herunterschneiden lassen, und den Preis in der Speisekarte dann durch diese Anzahl teilt. Kostet ein Schnitzel beispielsweise 10 Euro und läßt sich in 25 Bissen verspeisen, so erhält man einen SBP von 0,40 Euro.

Nun mag mancher einwenden, die Bissen seien kein objektiver Wert, da sie ja nicht alle gleich groß seien. Dem ist entgegenzuhalten, daß sich im Laufe einer solchen Langzeitstudie eine Abschneidroutine einstellt, die aufs Ganze gesehen durchaus so etwas wie einen "Durchschnittsbissen" generiert. Man merkt das daran, daß man im selben Lokal immer wieder auf ungefähr die gleiche Bissenanzahl kommt.

Weiters werde ich oft danach gefragt, welche Rolle Qualität, Geschmack oder Beilagen für die Studie spielen. Die Antwort ist einfach: Keine! Es geht ausschließlich um die Frage, wo ich wieviel reines Schnitzel um welchen Preis erhalte. Ich könnte mich vielleicht noch zu einer Unterscheidung von Kalbs- und Schweineschnitzel hinreißen lassen, denn das sind immerhin zwei unterschiedliche Preiskategorien, und ein direkter Vergleich des SBP wäre nicht ganz fair. Andererseits geht es ja bei der Studie nur darum, wo in Wien ich mich auf billigste Weise mit Schnitzel vollstopfen kann, und da hat das Kalb dann eben Pech, daß es so teuer ist.

Wenn ich also ausschließlich vom Preis pro Bissen ausgehe, ganz gleich, was es dazu gibt, wie es schmeckt oder um welches Fleisch es sich handelt, dann reicht die Spanne des SBP in Wien zurzeit von 9 Cent (sagenhafte 94 Bissen Schweineschnitzel in meinem Lieblingsbeisl im 7. Bezirk um 8,50 Euro) bis 71 Cent (26 Bissen Kalbsschnitzel in meinem Kaffeehaus im 1. Bezirk um 18,50 Euro). Dazwischen gibt es natürlich viele andere Lokale. Der durchschnittliche SBP in Wien liegt derzeit bei etwa 36 Cent.

Noch ein Wort zur Qualität: Nur weil diese in der Studie nicht berücksichtigt wird, heißt das ja nicht, daß man sich jeden Fraß reinziehen muß. Wenn es einem nicht schmeckt, nützt auch der günstige Preis nichts. Und wer bildungsbürgerlicherweise durchaus nur Kalbsschnitzel essen will ("woil jo nur dos KOLBSschnützel dos ÖCHTE Wüner Schnützel üst!"), der zahlt eben per se mehr.

Ich habe Glück - das günstigste Schnitzel in der Stadt ist zugleich auch wirklich, wirklich gut, und so suche ich mein Lieblingsbeisl auf der Burggasse immer wieder gern auf, sitze im Schatten der alten Kastanie im Hof und mümmele genußvoll meine 94 Bissen in mich hinein.

Danach bin ich dann aber auch wirklich satt, und die Studie wird für mindestens zwei Wochen ausgesetzt.