Samstag, 3. Juli 2010

Schwarz-rot-goldene Lumpen

Dem einen oder anderen mag es aufgefallen sein - es ist Fußballweltmeisterschaft. Jedes Bekleidungsgeschäft, jede Bäckerei und jeder Friseursalon in Deutschland schmückt sich derzeit mit Schwarz-Rot-Gold; an den Autos und aus den Fenstern von Millionen von Bürgern wehen die Nationalfarben, und die gesamte Gastronomie schwelgt geradezu im Rausch der deutschen Trikolore.

Ich finde das schön. Nicht nur, weil es mich an das Sommermärchen von 2006 erinnert, da wir als Gastgeber der WM alle miteinander eine vierwöchige Party feierten und uns auch vom Ausscheiden unserer Elf im Halbfinale die Stimmung nicht verderben ließen; nicht nur, weil wir Deutschen endlich, endlich einen entspannten und ideologiefreien Umgang mit unserer Nationalität gelernt haben, sondern auch, weil es auch aus historischen Gründen einfach richtig ist, sich an diesen Farben zu freuen.

Das sehen viele, aber nicht alle so. Eine linksradikale Gruppe ruft derzeit dazu auf, bundesweit "schwarz-rot-goldene Lumpen zu erbeuten" und damit gegen den deutschen Patriotismus vorzugehen. Sie reißen Fahnen von Autos und Häusern und werfen sie achtlos auf einen Haufen, um stolz davor zu posieren.

Das gibt zu denken. Schon einmal in unserer Geschichte hat eine politische Gruppe die Farben Schwarz, Rot und Gold gehaßt und diffamiert. Sie nannte sich NSDAP, und was sie in Deutschland und der Welt angerichtet hat, bedarf wohl keiner Beschreibung. Aus dem Stadtarchiv meiner Heimatstadt Koblenz ist mir eine Photographie bekannt, auf der braun uniformierte SA-Leute die schwarz-rot-goldenen Fahnen der Weimarer Republik durch den Dreck hinter sich herziehen, um sie auf der Festung Ehrenbreitstein feierlich zu verbrennen...

Es ist nicht verwunderlich, daß die Nazis unsere Fahne gehaßt haben. Denn die Farben Schwarz, Rot und Gold stehen seit 178 Jahren für all das, was wir auch während der WM 2006 erlebt haben – Offenheit, Freundschaft, Verständigung, und den unbedingten Glauben daran, daß man gemeinsam alle Ideale erreichen und verwirklichen kann. Nicht umsonst wurde unsere Fahne in ihrer heutigen Form zum erstenmal bei einem Fest gezeigt – dem Hambacher Fest 1832, einer fröhlichen und friedlichen Party, bei der alle in der Begeisterung für eine gemeinsame, völkerverbindende Idee aufgingen. Niemals wurde unter der schwarz-rot-goldenen Fahne ein Krieg geführt – das würde auch allem widersprechen, wofür diese Farben von Anfang an standen: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, und die friedliche Verständigung aller Völker und Rassen. In diesem Sinne ist unsere Fahne eigentlich kein streng „nationales“, oder jedenfalls kein völkisches Symbol. Schwarz, Rot und Gold sind die Farben jedes Menschen, der in diesem Land friedlich und gesetzestreu lebt.

Und also auch die Farben jener arabisch-stämmigen Gewerbetreibenden in Berlin, die ihr Haus mit einer 20 Meter langen Deutschlandfahne geschmückt haben und sie bereits zweimal von linksradikalen Ideologen zerstört bekamen. Wie unglaublich absurd! Da finden sich endlich Menschen verschiedener Herkunft, Rasse oder Religion unter einem Symbol des Friedens und der Verständigung zusammen, leben aktiv die Integration und begeistern sich für das freie und wunderbare Land, in dem sie leben, arbeiten, hoffen, träumen, lieben und wachsen... und dann wird ihnen von ein paar Verbohrten per Straftat erklärt, das sei ungesund und faschistoid.

So leid es mir tut, das ist einfach nur bescheuert. Nur meine zwei Pfennige.

(Quelle für die erwähnte Geschichte: Berliner Zeitung, 03. Juli 2010; http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/301228/301229.php)