Es war ein blöder Tag für mich. Wien ist grau, kühl und windig, und mir wollte seit dem Aufstehen nichts gelingen, nichts einfallen. Menschen, von denen ich mir seit Tagen ein kleines Signal ersehne, blieben stumm, und andere, auf deren Wortspenden ich gut hätte verzichten können, belatscherten mich mit Nichtigkeiten.
Den ganzen Tag umgab mich meine eigene Mißstimmung wie eine bleigraue, giftige Wolke. Ich war traurig, reizbar, egozentrisch und kleinlich. Was ich mir vorgenommen hatte, tat ich nicht. Stattdessen verbrachte ich den Tag unproduktiv und selbstmitleidig in meiner Wohnung. Ich las nichts, schrieb nichts, sprach mit niemandem und gammelte nur herum. Nur einmal ging ich kurz hinaus, kaufte um 30 Euro Eis und Süßigkeiten und versuchte, mithilfe eines gründlichen Zuckerschocks meine Stimmung zu heben.
Bis mir meine beste Freundin schrieb. Ob wir am Abend telefonieren wollten, fragte sie. Eigentlich war ich verabredet, und zänkisch, wie ich war, warf ich ihr in knappen Worten hin, daß ich keine Zeit haben würde. Aber was sind Verabredungen, wenn man ein so schlechter Gesellschafter ist wie ich es heute bin. Und wenn die beste Freundin, dieses ferne, kaum je erreichbare Wesen, in einem plötzlichen Liebesanfall telefonieren will.
Und dann tat sie etwas Seltsames. Sie schrieb mir einen Brief in einem eigens angelegten Blog. Und es beglückte und befremdete mich gleichermaßen... Und wir telefonierten... und klärten... und verstanden... und beschlossen, den Blog zur Literatur zu machen und ihn eine eigene, von unserem tatsächlichen Verhältnis ganz unabhängige Entwicklung nehmen zu lassen.
Nun gibt es ihn. Ein neues Projekt. Neugeboren, zart, voller Möglichkeiten. Und es gibt uns. Sie und mich. Erprobt, feuergetauft und einander in freundschaftlicher Liebe zugetan.
Und plötzlich ist mein Tag gar nicht mehr so schlecht.